EU Urheberrechtsreform – Eine Stellungnahme des Fachschaftsrats Informatik

Im Europäischen Parlament wurde in den letzten zwei Jahren an einer Reform des Urheberrechts für das digitale Zeitalter gearbeitet. Der finale Entwurf wurde am 13. Februar im Trilog beschlossen und wird am 28. März vom Europäischen Parlament abgestimmt.

Die Fachschaft Informatik der TU Kaiserslautern begrüßt die Idee, das Urheberrecht auf heutige Umstände anzupassen, in der jeder Mensch im Internet Produzent und Urheber sein kann. Aufgrund der vorgeschlagenen Richtlinien sehen wir uns jedoch gezwungen, uns gegen die Urheberrechtsrichtlinie auszusprechen. Zwei Paragraphen machen uns insbesondere Sorgen: Artikel 11 (Schutz von Pressemitteilungen bezüglich digitaler Nutzung) sowie Artikel 13 (Nutzung von geschützten Inhalten durch Informationsgesellschaftsserviceanbieter [...]).

In Artikel 11 wird Presseverlegern erlaubt, bereits für das Anzeigen von Auszügen ihrer Artikel Geld zu verlangen. Das schätzen wir nach den Erfahrungen in Spanien und Deutschland mit ähnlichen Gesetzen als ineffektiv ein. Darüber hinaus sehen wir eine Gefahr für kleine Verleger, die im Gegensatz zu großen Konkurrenten überproportional auf über Suchmaschinen kommende Benutzer angewiesen sind.

Artikel 13 fordert, dass jegliche durch Benutzer von Internetplattformen hochgeladenen Werke (Texte,Bilder, Videos, etc.) nur veröffentlicht werden dürfen, wenn mit den Rechteinhabern der Werke entsprechende Verwertungslizenzen ausgehandelt wurden. Dies schätzen wir, wie auch das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen, als eine Gefahr für die Kunst- und Meinungsfreiheit ein [1]; so müssen Plattformbetreiber wie YouTube und Facebook zensierende Uploadfilter einführen, um den Regelungen in Artikel 13 zu entsprechen. Diese sind aber im Allgemeinen mit hohen Fehlerraten verbunden und können mit Zitaten und Parodien nicht umgehen.

Wir wissen als Informatikstudierende welche Problemstellungen mit Hilfe von Statistiken, Maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz – letzten Endes also mit Hilfe von Algorithmen – gelöst werden können. Im Falle von Artikel 13 müssen Algorithmen entscheiden, ob die oben angesprochenen Lizenzen ausgehandelt wurden. Dies wird typischerweise durch das Erkennen von Beispielen erreicht, d.h., der Algorithmus kennt bereits einen Katalog von Werken mit ausgehandeltem Lizenzvertrag und erkennt, ob das neu hochgeladene Werk einem der vorherigen entspricht. Diese Algorithmen können aber immer nur mit einer gewissen Sicherheit solch eine Entsprechung finden, das heißt, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit machen sie Fehler. Das bedeutet, dass zahlreiche legitime Veröffentlichungen automatisch zensiert würden, obwohl es dafür keinen Grund gebe. Weiterhin verspricht die Kommission, dass Kunst und Satire und die Fähigkeit zu zitieren von dieser Reform nicht beschnitten würden. Selbst wenn ein Algorithmus perfekte Entscheidungen über die Lizenzierung treffen könnte (was mittelfristig nicht absehbar ist), müsste dann noch entschieden werden, ob ein neues Werk ein anderes im Rahmen der Kunstfreiheit verwendet, und auch nicht voreilig gelöscht werden darf.

Darüber hinaus stimmen wir dem Bundesdatenschutzbeauftragten darin zu, dass die Umsetzung von Artikel 13 in der Praxis eine weitere Zentralisierung von Macht und Informationen bei großen Internetkonzernen bedeuten wird, die in Zukunft auch über Inhalte urteilen werden, die nicht auf ihren Plattformen hochgeladen worden sind [2].

In Betrachtung der weitreichenden Konsequenzen der Urheberrechtsdirektive fordern wir die Abgeordneten des Europäischen Parlaments dazu auf, am 28. März gegen diese Richtlinie zu stimmen.

Literatur:
[1] David Kaye, EU must align copyright reform with international human rights standards, says expert, https://www.ohchr.org/en/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=24298.
[2] Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Reform des Urheberrechts birgt auch datenschutzrechtliche Risiken, https://www.bfdi.bund.de/DE/Infothek/Pressemitteilungen/2019/10_Uploadfilter.html.